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Soziale Milieus

Soziokulturelle Polarisierung

Somewheres

In seinem 2017 erschienenen Werk „The Road to Somewhere: The Populist Revolt and the Future of Politics“ beschreibt David Goodhart die spätmoderne Welt als Konflikt zwischen zwei sozialen Gruppen. Auf der einen Seite stehen die Somewheres, die Irgendwo-Menschen. Sie sind lokal oder regional ausgerichtet, oft weniger gebildet und finanziell schlechter situiert. Veränderungen in ihrem Umfeld – insbesondere Zuwanderung – empfinden sie grundsätzlich als störend. Im Extremfall neigen sie populistischen Parteien zu.

Ressourcenmaximierung stellt für die Somewheres den Schlüssel zu Erfolg und Lebensglück dar. Die ökologischen Folgeschäden einer wachstumsfixierten Wirtschaftsweise berühren sie wenig. Erweiterung der individuellen Konsum-, Reise- und Freizeitmöglichkeiten wird einem mehr an Umweltqualität vorgezogen.

Durch wirtschaftliche Umbrüche, weltweite Krisen und die Beschleunigung von Transport, Kommunikation und Verkehr wird das Verhältnis der Somewheres zu ihrer Heimat beschädigt. Globalisierung und moderner Lebensstil verstärken die Sehnsucht nach Verbundenheit und Zugehörigkeit zu einer eigenständigen und doch antwortenden Welt.

Anywheres

Auf der anderen Seite befinden sich die Anywheres, die Überall-Menschen. Sie haben in der Regel höhere Einkommen, sind mobiler, in ihrem Selbstverständnis nicht lokal gebunden und offen für Veränderungen. Zuwanderung begreifen sie eher als kulturelle Bereicherung oder als ökonomischen Vorteil. In der Lufthansa Lounge oder im ICE mehr fühlen sie sich häufiger mehr „zu Hause“ als an Ihrem Wohnsitz (vgl. Hartmut Rosa: Heimat im Zeitalter der Globalisierung. In: Der Blaue Reiter. Journal für Philosophie, Ausgabe 23/2007).

Den Umweltschäden durch exzessives Wirtschaftswachstum und ihren gesundheitlichen Folgen können sich die Anywheres durch Einkommen und Mobilität entziehen.

Die extrem vergrößerte Weltreichweite der Anywheres in den entwickelten Ländern hat jedoch kein echtes Gefühl von Sicherheit und Einklang mit dem Leben hervorgebracht. Empfindungen der Entfremdung sind hingegen oft das Ergebnis des Versuchs, durch neue Techniken und Erlebnisangebote in Resonanz mit der Welt zu gelangen. Der Zugang zu Heimat, der Sinn für die Besonderheit einer Gegend, mit der man essentiell verbunden sein möchte, ist deshalb bei vielen nicht mehr vorhanden.