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Kulturreflexion

Kunststile als Inspirationsformen

Aktionistische Provokation

Abstrus erscheinende Installationen können wesentliche Sachverhalte sichtbar machen, wie beispielsweise die Arbeiten von Joseph Beuys. Manchmal unter bewusstem Verzicht auf jegliche Ästhetik.


Stilistische Distinktion

Auch Maler wie der 1866 in Moskau geborene Wassily Kandinsky hielten gegenständliche Malerei für oberflächlich und wollten stattdessen durch ihre Art der Abstraktion das „Innerlich-Wesentliche“ zum Ausdruck bringen. Trotz ähnlicher Intention ein völlig anderer Malstil im Vergleich zu Mondrian.

Absolute Abstraktion

Die Gemälde von Piet Mondrian, dem Begründer des Neoplastizismus, sind reduziert auf Grundfarben und rechte Winkel. Enthüllt werden soll dadurch die wahre Wirklichkeitssphäre hinter den wechselhaften Erscheinungen.

Kulturimmanente Inspiration

Eine ältere Dame liebt die Vertonung des romantischen Gedichtzyklus „Die Winterreise“ von Wilhelm Müller durch Franz Schubert. Als Klavierschülerin hat sie von ihrem Onkel vor fast sechzig Jahren die Noten hierzu bekommen. Bereits mit Anfang dreißig segneten sowohl der Dichter als auch der Komponist das Zeitliche, im realen Leben sind sie sich nie begegnet. Das stimmt die Frau traurig.

Im Vorwort des Notenbandes schreibt der Sohn von Wilhelm Müller: In alter Zeit waren Poesie und Musik unzertrennlich. Der Dichter musste auch Sänger sein und es gab weder Lieder ohne Wort, noch Worte ohne Lied.

Die Idee eines fiktiven gemeinsamen Auftritt der beiden Künstler war geboren. Das Bild schmückt das Musikzimmer der Besitzerin.

Modest Petrowitsch Mussorgski komponiert Bilder einer Ausstellung

Ein Beispiel ist der Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski von 1874, der Gemälde und Zeichnungen seines Freundes Viktor Hartmann umschreibt.

Kulturelle Inspiration im Familienverbund

Hochzeitsreisen haben in der Regel ein anderes Ziel als die mühevolle Besteigung eines Bergmassivs. Der sechstägige Marsch zum Gipfel des Kilimandscharo in knapp 6000 m Höhe ist zwar nicht steil und auch keine Kletterpartie, aber er erfordert ein Höchstmaß an Kondition und Durchhaltevermögen. Der Teufel lauert hier am Wegesrand: im Höhenunterschied, der zu überwinden ist; in der Fä­higkeit, mit dem immer geringeren Sauerstoffgehalt fertig zu werden; im Risiko, dass der eigene Körper sich dem Höhenklima vielleicht nicht schnell genug anpassen kann.

Es war der Wunsch unseres Sohne Linus, mit der Besteigung des Kilimandscharo einen alternativen Akzent zu konventionellen Reisezielen zu setzen, nachdem sich seine Frau Marie in der Planung und Organisation des Hochzeitsfestes kreativ verwirklichte. Für mich war dies ein spannender Bezugspunkt für die Rede, die ich am Hochzeitsabend zu halten gebeten wurde. Gemeinsam mit meiner Frau Marianne und meiner Tochter Malin wurde passend hierzu die Idee für ein Bild entwickelt, dass wir im Anschluss an die Rede überreichen wollten.

Der Jesuitenpriester und spirituelle Lehrer Anthony de Mello schreibt in seinem Buch „Zeiten des Glücks“: Ein junges Paar, das den ewigen Bund der Ehe miteinander eingehen wollte, holte beim Traugespräch noch einmal geistlichen Rat ein: „Was müssen wir tun“, wollten die beiden wissen, „damit unsere Liebe von Dauer ist?“ Der erfahrene Ratgeber antwortete kurz und bündig: „Liebt gemeinsam andere Dinge!“ Als ein solches gemeinsames anderes Ding betrachtete ich im Verlauf der Rede die gemeinsame Besteigung des Kilimandscharo.

Die letzten Meter zum Uhuru Peak

Am frühen Morgen liegen nach einem fünftägigen Aufstieg die letzten Meter zum Gipfel vor dem Hochzeitspaar. Die größten Strapazen und Entbehrungen sind fast überwunden. An Aufgeben ist jetzt nicht mehr zu denken. Eine letzte Pause vor Gletscherresten und einem Meer an Wolken, dann ist es geschafft.

Ein Bilder- und Erinnerungsbuch zur Hochzeitsreise, erstellt von Linus. Darin reflektiert er noch einmal die Idee und die erfolgreiche Verwirklichung dieser außergewöhnlichen Hochzeitsreise. „Ein solches Buch machen wir jetzt immer“ meint Marie und ist stolz auf die Besteigung des Kilimandscharo.

Das Bild zeigt ein junges Paar im Vorfeld der Gipfeltour, wie es erwartungsvoll, gespannt und auch ein wenig bange in Richtung Gipfel blickt. Sie halten kurz inne und betrachten die Landschaft vor ihnen: die Savanne, das Bergmassiv, eine kleine Elefantenfamilie; traumhafte Natur vermischt sich mit mythologisch anmutenden Gestalten; eine älte­re Figur, die an einen Weisen erinnert, kehrt vom Berg zurück und kommt in größe­rer Entfernung auf sie zu; in den Wolken schweben kämpfende weibliche Gottheiten, die erhaben, beinahe selbstherrlich, vom Sonnengott Rawa beobachtet werden.

Gipfelerlebnis am Am Uhuru Peak

Endlich am Ziel. Ein unbeschreibliches Gefühl von Erschöpfung und gleichzeitiger Erleichterung stellt sich ein. Aufgrund der eisigen Temperatur von -15°C machen sich Marie und Linus gemeinsam mit dem einheimischen Begleitteam nach kurzer Zeit wieder auf den Rückweg.

Das ganz persönliche Gipfelerlebnis als Pendant zum Hochzeitsbild (s.o.) und Abschluss des Tansaniabuches. Dieser Moment gehört Marie und Linus ganz allein. Aus Unsicherheit wurde Gewissheit. Eine Erinnerung für alle Zeiten.

Wir sehen ein junges Paar, das sich etwas Neues vorgenommen hat. Etwas Herausforderndes, bei dem man an die eigenen Grenzen gehen muss, das aber auch einen neuen Ausblick ermöglicht. Etwas, worauf man immer stolz zurückblicken kann. Etwas, dass Erfüllung vermittelt, weil man es sich unter Schwierigkeiten erarbeitet hat. Ein Paar, das sich andere Dinge schafft, die es gemeinsam lieben kann!

Das Kilimandscharo-Projekt von Marie und Linus steht auch für Synergie und Erneuerung in der Partnerschaft. Prinzipien, die gelebt und durch geistige Produkte (Kunstbilder und Fotobuch) unterstützt, reflektiert und fruchtbar gemacht wurden.

Gedichte als Inspirationsquelle